Wir fordern Europa zurück

Wenn sich am Montag die europäischen Regierungsoberhäupter zu ihrem Gipfel in Amsterdam treffen, um die erste Revision des Maastrichter Vertrages abzuschlie�en, werden sie sich hinter zahllosen Polizeikräften und Tausenden von Metern Stacheldraht verstecken.
'Dieses Szenario symbolisiert perfekt, wie weit sich die Entscheidungsfindung in Europa von der Bev�lkerung entfernt hat,' kommentiert Erik Wesselius das Bild. Wesselius ist Pressesprecher des gleichzeit in Amsterdam organisierten Alternativgipfeltreffens von über 400 europäischen Organisationen. 'Die bizarren Sicherheitsma�nahmen beweisen, da� die Regierungschefs selbst damit rechnen, da� ihre Entscheidungen äu�erst unpopulär sein werden,' fügt er hinzu.
Die Experten und Vertreter vielfältiger gesellschaftlicher Gruppen, die sich in Amsterdam versammelt haben, beklagen die undemokratischen Strukturen in der EU. Sie verlangen ihr Recht auf Einflu� auf die Gestaltung des zukünftigen Europas. Der Einsatz für ein anderes Europa wurde dem europaweiten Netzwerk Name und Programm.
Der Alternativgipfel entlarvt und kritisiert die Dominanz einer obsoleten Freihandelsideologie im europäischen Projekt. 'Der Neoliberalismus ist bankrott', fa�t Wesselius die Untersuchungsergebnisse der Konferenz zusammen. 'Die Beschäftigungssituation in Europa ist eine Trag�die. Der Zustand der Umwelt leidet unter dem nachhaltigen Ignorieren aller Versprechen und Erklärungen der Vergangenheit. Ausbeutungs- und Ausgrenzungsstrategien befriedigen vielleicht die Interessen der Konzernlobby, das soziale Gefüge Europas wird jedoch zerst�rt.'
Durch das Netzwerk, da� auf diesem und den vorhergehenden Alternativgipfeln errichtet wurde, dürfen sich die europäischen Staatsoberhäupter nun beobachtet fühlen. Der Richtungswandel in der europäischen Entwicklung, der von ihnen verlangt wird, priorisiert die sozialen und �kologischen Aspekte.
Der tatsächliche Verlauf des Gipfels von Amsterdam straft die einst in Maastricht gegebenen Demokratisierungsversprechen Lügen. Der Aufbau eines schnell wachsenden Europäischen Bündnis für ein anderes Europa sendet ein deutliches Signal an den Rat der 15: Der Diskussionsproze� vor Maastricht III sollte besser tief in den Gesellschaften verankert werden, oder sie werden kaum Zäune finden k�nnen, die hoch genug sind, um sich erneut dahinter zu verstecken. 'Wir fordern Europa zurück!' lautet der Aufruf des Alternativgipfels an die Bürgerinnen und Bürger Europas.